Im heutigen Beitrag schauen wir uns Authentizität & Wahrhaftigkeit im Yoga genauer an!

In der letzten Woche öffnete sich die achtblättrige Blüte des philosophische Yoga mit den »yamas«, den Leitlinien für zwischenmenschliches Verhalten (YS II.30) mit dem ersten und wichtigsten Begriff der yogischen Ethik »ahiṁsā« oder auch die Gewaltfreiheit. Hier kannst du den Beitrag noch einmal nachlesen.

Wie ging es dir in der letzte Woche mit dem Prinzip? Konntest Du es in Deinen Alltag integrieren? In welchen Situationen, mit welchen Menschen ist es Dir schwer gefallen »gewaltfrei in Gedanken, Worten und Taten« zu sein?

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Heute möchte ich mit Dir das zweitwichtigste »yama« erkunden, und zwar »satya« bzw. Wahrhaftigkeit

Im Yoga Sutra II.36 heißt es:
सत्यप्रतिष्ठायां क्रियाफलाश्रयत्वम् ॥३६॥
satya-pratiṣṭhāyāṁ kriyā-phalāśrayatvam ॥36॥

Übersetzung:
Wenn man in Wahrhaftigkeit gegründet ist, schafft man eine Grundlage für die Reifung der Taten (Deshpande et al., 2010, S. 120).

Auch in unseren Bereichen weiß man um die Kraft der Aufrichtigkeit & Authentizität.

Altbekannte Sprichwörter zeigen dies:
“Lügen haben kurze Beine.”
“Wahrheit währt am längsten.”
Auch das achte der zehn Gebote im Christentum befasst sich mit Wahrhaftigkeit, dort heißt es “Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.” (2. Buch Moses Kapitel 20).

Dennoch fällt es Menschen schwer aufrichtig, ehrlich und authentisch zu sein. Genauso wie bei der Gewaltfreiheit bezieht sich der Yoga hier auf die drei bereits bekannten Formen:

Gedanken – Worte – Taten!

Aufrichtig in Gedanken, bedeutet sich selbst und anderen gegenüber wahrhaftige Gedanken zu denken.

Reflexionfragen:
Wo in meinem Leben mache ich mir was vor? Wo sehe ich die Welt anders als sie ist? Sehe ich meine Mitmenschen (Freunde, Partner, Kollegen), wie sie sind oder so, wie ich sie sehen möchte? Gestehe ich mir meine Fehler / Schwächen ein?
Wo täusche ich mich selber?

Aufrichtigkeit in Worten, bedeutet nichts zu sprechen, was Du zuvor anders gedacht hast.

Reflexionsfragen:
Passen Deine Gedanken und Worte zusammen? Sagst Du das, was Du denkst? Formulierst Du Deine Wünsche und Bedürfnisse? Sprichst Du aus, was Du nicht möchtest? Kannst Du verbal Grenzen setzen? Wo verheimliche ich etwas?

Aufrichtigkeit in Taten, bedeutet, das zu tun, was authentisch ist.

Reflexionsfragen:
Wo handelst Du, obwohl Du es nicht möchtest?
Was oder wem gegenüber verstellst Du Dich? Wo spielst Du eine Rolle, die Du in Wirklichkeit gar nicht bist? Wo täuscht Du ein Verhalten vor? Wer möchtest Du nach aussen sein und wer bist Du im Inneren?

Sicher findet Jede(r) an der ein oder anderen Stelle Unaufrichtigkeit im eigenen Leben. Aber dem Yoga geht es nicht darum, diese zu bewerten oder zu verurteilen, stattdessen geht es um die Selbstreflexion, um das Sichtbarmachen von versteckten Bedürfnissen und schädigenden Verhaltensmustern.

Einladung:
Achte die kommende Woche gern auf deine Aufrichtigkeit.
In welchen Bereichen Deines Lebens bist Du authentisch und wo fehlt es noch an Authentizität?
Wie denkst Du über Deine Mitmenschen?
Wo sprichst Du Sachen aus, die Du anders meinst?
Bist Du mit den Menschen zusammen, die Du wirklich magst?

Gut zu wissen:
Manchmal entsteht durch Gewaltfreiheit und Wahrhaftigkeit ein Konflikt.
Soll ich um jeden Preis die Wahrheit sagen?
Nicht immer, wenn ich damit einen Menschen verletzen würde, stellt der Yoga die Wahrhaftigkeit hinter die Gewaltfreiheit.

Viel Freude beim Ausprobieren!

Herzlichst
Jana & Team

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